Samstag, 2. Juli 2016

Autorenliebe: Pascal Mercier

Es gibt sie tatsächlich, die große Liebe. Bis jetzt zwar noch einseitig, aber dafür umso emotionaler und intensiver.
Die Rede ist (leider?!) nicht von einem 24-jährigen, rothaarigen Surfer mit Hund und eigenem Campingvan, sondern von meinem neuen Lieblingsautor: Pascal Mercier.
Wie alle guten Geschichten im Leben, wurde unsere erste Begegnung vom Zufall geschrieben. Oder eigentlich eher meiner Geldnot, denn ich scrollte durch Rebuy und suchte mir Bücher aus, die sich einigermaßen gut anhörten und noch dazu meinen Geldbeutel so wenig wie möglich strapazierten.
Und da war es. Aus heutiger Sicht hätte ich mir Engelschöre oder mindestens einen verirrten Sonnenstrahl auf meinem Bildschirm gewünscht, aber gut. "Nachtzug nach Lissabon".
Insgesamt hat mich unser Date glaub ich 90 Cent gekostet.
Und dann später, als es bei mir eingezogen war, haben wir angefangen, uns zu unterhalten. Am Anfang war ich der aktivere Part, aber dann hat es angefangen, zu mir zu sprechen. Manche werden mich jetzt, wahrscheinlich in die Geschlossene einweisen wollen, aber so war es.
Vielleicht muss ich das kurz erklären. Ich liebe die deutsche Sprache. Ich finde sie wundervoll, so vielfältig, so zart, wenn man sie zu benutzen weiß und so...ja poetisch. Nicht umsonst sagt man, Deutsch sei die Sprache der Dichter und Denker. Sie ist es.
Wenn ich wirklich schöne, durchdachte Sätze lese, wenn diese Wörter eine Geschichte erzählen, eine Welt aufbauen und mich mit ihrer Konstruktion und Spritzigkeit komplett mitreißen, dann bekomme ich am ganzen Körper Gänsehaut, nicht selten sammeln sich Tränen in meinen Augen und ich muss einfach lachen, weil es so perfekt ist. Für Menschen, die nicht lesen, ist diese Reaktion wahrscheinlich absolut abwegig und wahrscheinlich auch für viele Leser, aber ich liebe Sprache einfach. Das geschriebene Wort ist für mich die größte Form der Kunst. Zusammen mit der Musik.

Um wieder auf mein Thema zurückzukommen: Genauso ging es mir, während unserer Unterhaltung.
Mehrmals musste ich mich abwenden, durchatmen und den Nachhall der Worte in meinem Kopf genießen. So großspurig und eklig schleimig das klingt, genauso war es.
Als ich "Nachtzug nach Lissabon" beendet hatte, war mir klar, dass ich lange nicht mehr ein so gutes Buch gelesen hatte, mit solch einer Vielfalt, mit solch einer Eleganz und Wortartistik. Ganz großes Kino.

Dementsprechend hab ich mir natürlich auch die anderen Bücher angeschaut, denn ein Vater hat ja bekanntlich auch noch andere schöne Söhne und im gleichen Atemzug "Der Klavierstimmer" bestellt.
Eingezogen, unterhalten, gleiches Prozedere. Ganz anderer Charakter, gleiche Werte und Eleganz.
"Lea" bestellt. Gelesen. Verliebt.
Das letzte Mitglied der Familie Mercier wartet noch auf mich. "Perlmanns Schweigen" steht in meinem Regal und wartet darauf, dass wir uns unterhalten. Momentan versuche ich das so lange wie möglich herauszuzögern, weil ich nicht will, dass es vorbei ist. Neugier und Vorfreude kämpfen gegen Trauer und Nicht-wahr-haben-wollen. Aber bald wird es so weit sein.

Diese Liebe wird wohl nicht so schnell vergehen. In meinem Regal ist immer ein Platz für die Familie Mercier frei.



PS: Übrigens, Pascal Mercier ist eigentlich nur ein Künstlername, eigentlich heißt der gute Mann Peter Bieri, wurde im Jahr 1944 in der Schweiz geboren und ist Philosoph und Autor. In der Schule damals haben wir oft Texte von ihm gelesen und schon da haben mir seine immer mit am Besten gefallen. Als ich Pascal Mercier dann suchte und mir Google den Philosoph Peter Bieri ausspuckte, saß ich da zuerst mal ein Mondkalb und hab mich gefreut.

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